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Privates Baurecht: Widerrufsrecht für Verbraucher gilt auch für Werkverträge!
Jetzt ist es „amtlich“: Dem Verbraucher kann zukünftig auch bei einem Werkvertrag u.U. ein Widerrufsrecht zustehen. Das gilt zumindest dann, wenn der Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers (z.B. direkt auf der Baustelle) oder per Fernkommunikationsmittel (z.B. per E-Mail) erfolgt. Für solche Verträge kann der Verbraucher aus § 312b BGB bzw. § 312c BGB ein Widerrufsrecht für sich ableiten. Denn diese Vorschrift ist auch auf Werkverträge anwendbar. Das hat der BGH in seiner Entscheidung vom 30.08.2018 (Az. VII ZR 243/17) nun ausdrücklich bestätigt.
Entgegen der letzten noch verbliebenen Hoffnung einiger Werkunternehmer greifen die Ausschlusstatbestände in § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB und § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB regelmäßig nicht:
In § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist geregelt, dass die Widerrufsvorschriften der §§ 312 ff. BGB auf Verbraucherbauverträge i.S.v. § 650i BGB keine Anwendung finden. Da es sich bei Verbraucherbauverträgen allerdings um Verträge handelt, die die komplette Neuerrichtung eines Gebäudes oder Umbaumaßnahmen von gleichem Gewicht zum Gegenstand haben, ist diese Ausnahmevorschrift bereits von vornherein auf eine Vielzahl der am Bau geschlossenen Werkverträge nicht anzuwenden.
In § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ist dagegen normiert, dass das Widerrufsrecht dann nicht gilt, wenn der Vertrag die Lieferung von Waren zum Gegenstand hat, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist und die auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Unter Bezugnahme auf diese Ausnahme führt der BGH in seiner Entscheidung vom 30.08.2018 jedoch aus, dass dieser Ausschlusstatbestand auf reine Werkverträge nicht anzuwenden sei.
Im Ergebnis bleibt daher die aus Sicht der Werkunternehmer ernüchternde Erkenntnis, dass der Verbraucher einen außerhalb von Geschäftsräumen oder einen per Fernkommunikationsmittel geschlossenen Vertrag tatsächlich widerrufen kann. Die Widerrufsfrist beträgt dabei gemäß § 355 Abs. 2 BGB grundsätzlich zwei Wochen ab Vertragsschluss. Sie beginnt allerdings erst dann zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt hat. Ohne entsprechende Belehrung verlängert sich die Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 S. 2 BGB auf 12 Monate und 14 Tage ab Vertragsschluss. Besonders zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass dem Werkunternehmer für den Fall des Widerrufs des Vertrages kein Anspruch auf Vergütung und auch kein Wertersatzanspruch für die bis zum Widerruf erbrachten Leistungen zusteht, soweit er den Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Das ergibt sich aus § 357 Abs. 8 BGB.
Belehrt der Werkunternehmer den Verbraucher daher nicht ordnungsgemäß und widerruft der Verbraucher einen unter den obenstehend genannten Umständen zustande gekommenen Werkvertrag, kann der Unternehmer für die bis zum Widerruf erbrachten Werkleistungen keine Vergütung verlangen.
Für alle am Bau tätigen Unternehmer wird es zukünftig daher umso wichtiger sein, den Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen über sein Widerrufsrecht zu belehren. Wem das zu aufwändig ist, dem ist zu empfehlen, alle Verträge zukünftig nur noch innerhalb der eigenen Geschäftsräume abzuschließen. Denn für innerhalb der Geschäftsräume abgeschlossene Verträge besteht gerade kein Widerrufsrecht.