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Privates Baurecht: Zusätzliche Vergütung auch bei unterbliebener Ankündigung des Auftragnehmers
Es gehört zum kleinen VOB/-B-Einmaleins, dass der Auftragnehmer, wenn er für im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen eine Vergütung mit Erfolg geltend machen will, dem Auftraggeber den Anspruch vor Ausführung der Leistung ankündigen muss, § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B. Andernfalls steht ihm grundsätzlich keine Nachtragsvergütung zu.
Wie so oft entscheiden aber auch bei der Frage nach der Vergütungspflichtigkeit eines Nachtrags die Umstände des Einzelfalls. Eine die oben genannte Regel bestätigende Ausnahme sah das OLG Schleswig zum Beispiel in diesem Fall:
Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer anhand eines detaillierten Leistungsverzeichnisses mit Malerarbeiten. Aufgrund von bauseitigen Anordnungen kam es zu enormen Mehrleistungen, die zu einer Verdoppelung des ursprünglichen Auftragsvolumens führten. Dieses erbrachte der Auftragnehmer, ohne den Auftraggeber auf seinen zusätzlichen Vergütungsanspruch hinzuweisen. Der Auftraggeber verweigerte die Zahlung mit der Begründung, dass der Auftragnehmer nicht auf diesen zusätzlichen Werklohn hingewiesen habe.
Zu Unrecht, wie das OLG Schleswig urteilte. Eine Ankündigung des Anspruchs für die zusätzliche Vergütung ist nämlich dann entbehrlich, wenn es dem Auftraggeber wegen des ausführlichen Leistungsverzeichnisses bekannt und es damit offensichtlich ist, dass die zusätzlich gewünschten und beauftragten Leistungen eine Zusatzvergütung auslösen. Dies insbesondere im Unternehmerverkehr, weil die Erbringung von gewerblichen Bauleistungen regelmäßig nicht ohne Vergütung zu erwarten ist.
Hinweis für die Praxis: Um auf „Nummer sicher“ zu gehen, sollten Auftragnehmer stets den Nachtragsanspruch vor der Ausführung ankündigen. Dies gilt sowohl für die Fälle, bei denen aus ihrer Sicht die Vergütungspflicht der zusätzlichen Leistungen offensichtlich ist, als auch für die Fälle, in denen nicht ohne weiteres klar ist, ob es sich um geänderte Leistungen im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B oder um im Vertrag nicht vorgesehen Leistungen gemäß § 2 Abs. 6 VOB/B handelt. Denn nur bei letzteren ist die vorherige Ankündigung der Vergütung grundsätzlich Anspruchsvoraussetzung.
OLG Schleswig, Urteil vom 04.04.2018, Az. 12 U 4/18