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Aktuell 2021/12

Verbraucherrecht: Wertersatzpflicht aus § 357 VIII BGB

Nachdem wir im ersten Beitrag unserer neuen Reihe zum Verbraucherrecht den Begriff des Verbrauchers im Sinne von § 13 BGB beleuchtet haben, liegt der Fokus dieses Beitrags auf den möglichen Konsequenzen, die das Unterlassen einer Widerrufsbelehrung nach sich ziehen kann. Hierzu wird § 357 VIII BGB anhand eines Beispielsfalles beleuchtet:.

  1. Beispielsfall
    AG (Verbraucher) und AN (Unternehmer) treffen sich im Anwesen des AN und schließen dort einen mündlichen Werkvertrag mit vereinbartem Werklohn in Höhe von € 10.000 ab. Obwohl AG ein Verbraucher im Sinne von § 13 BGB ist, unterlässt AN die Widerrufsbelehrung. AN fängt nach mündlicher Vereinbarung mit AG sofort mit der Leistung an. Nach drei Monaten widerruft AG den Vertrag mit AN. AN verlangt die Bezahlung von Wertersatz in Höhe von € 8000 für die bisher erbrauchten Werkleistungen. Dies ist der Höhe nach nicht zu beanstanden.

    Frage 1: Hat AG den Vertrag wirksam widerrufen?
    Frage 2: Besteht der Anspruch des AN auf Wertersatz in Höhe von € 8000?

  2. Lösung
    Frage 1 kann positiv beantwortet werden: AG konnte den Vertrag wirksam widerrufen, da ihm ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB wegen §§ 312g I Alt. 1, 312b I 1 Nr. 1 BGB zusteht. Insbesondere ist die Widerrufsfrist nicht abgelaufen, da sie mangels Belehrung noch gar nicht zu laufen begonnen hat, § 356 III 1 BGB. Vielmehr beträgt diese zwölf Monate und zwei Wochen, § 356 III 2 BGB.

    Frage 2 ist dagegen zu verneinen: Zwar besteht ein Anspruch auf Wertersatz gem. § 357 VIII 1 BGB, jedoch scheitert er an zweierlei: Zum einen bedarf es gem. § 357 VIII 2 BGB einer Belehrung. Zum anderen muss das ausdrückliche Verlangen des Verbrauchers gem. § 357 VIII 3 BGB auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt worden sein. Hierunter fallen Papier, Speichermedien und E-Mails1. Jedoch wurde dies im vorliegenden Fall nur mündlich vereinbart.

  3. Problemaufriss
    Für den AN stellt sich das Problem, dass seine bisher erbrachten Leistungen in Natur nicht zurückgegeben werden können. Jedoch scheitert auch eine Wertersatzpflicht, da der Verbraucher vorliegend weder belehrt wurde noch sein ausdrückliches Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Demnach bleibt AN auf den € 8000 sitzen. Dieser kleine Beispielsfall illustriert sehr schön, wie hoch unter Umständen die Kosten für den AN werden können.

  4. Vertragsgestaltung
    Der folgende Fall hätte für AN ganz anders ausgehen können, wenn er in der Vertragsgestaltung gewisse Punkte beachtet hätte:

    1. Widerrufsbelehrung
      AN hätte den AG über sein Widerrufsrecht belehrt müssen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die Widerrufsfrist nur vierzehn Tage beträgt. Demnach hätte AG den Vertrag nicht nach drei Monaten widerrufen können.

    2. Ausdrückliches Verlangen
      AN hätte sich das ausdrückliche Verlangen des AG, dass mit den Leistungen während der Widerrufsfrist begonnen werden soll, auf einem dauerhaften Datenträger (Papierform /Email) übermitteln lassen sollen. In Kombination mit einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung hätte dies zur Folge gehabt, dass AN einen Wertersatzanspruch hat.

    3. Kenntnis des Verbrauchers vom Erlöschen des Widerrufsrechts
      Ferner hätte AN den AG bestätigen lassen sollen, dass dieser Kenntnis davon hat, dass dessen Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer erlischt, § 356 IV 1 BGB. Während für Fernabsatzverträge keine Form vorgeschrieben ist, bedarf es bei Außergeschäftsraumverträgen der Übermittlung der Zustimmung auf einem dauerhaften Datenträger iSv § 126b S. 2 BGB2. Der Unternehmer muss jedoch mit dem Beginn der Dienstleistung bis zur Bestätigung der Zustimmung abwarten. Im vorliegenden Fall hätte dies zwar keine Auswirkungen gehabt, da AN die Dienstleistung noch nicht vollständig erbracht hat, jedoch kann dies unter Umständen enorme Auswirkungen haben.

  5. Fazit
    Dieser Fall zeigt auf, dass Unternehmer den starken Verbraucherschutz nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten. Dies kann ihnen sonst teuer zu stehen kommen. Vor allem im Verbraucherschutz zeigt sich, dass eine durchdachte Vertragsgestaltung essentiell ist.





1MüKo/Fritsche, § 356, Rn. 41.
2BeckOK/Müller-Christmann, § 356, Rn. 24.

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